Analphabetismus - (immer noch) vor allem weiblich

Analphabetismus - (immer noch) vor allem weiblich

Beim Thema Alphabetisierung schneiden Mädchen und Frauen auch heute noch weltweit viel schlechter ab als Männer. In zahlreichen Ländern, vor allem in West- und Zentralafrika, aber auch in Südasien, können sehr viel weniger Frauen als Männer lesen und schreiben. Warum ist das so?

Zwei Drittel der 758 Millionen Erwachsenen (ab 15 Jahren), die nicht lesen oder schreiben können, sind Frauen. Natürlich nicht, weil sie dazu weniger fähig wären als Männer. Es liegt einfach daran, dass Mädchen in vielen Teilen der Welt schon sehr früh von jeder Form der Bildung ausgeschlossen werden. In Indien zum Beispiel beendet nur jedes dritte Mädchen überhaupt die Grundschule. Diese unhaltbare Situation hat viele Ursachen:

1. Die Präferenz für Söhne

Viele Eltern (insbesondere in asiatischen Ländern) bevorzugen immer noch Söhne. Jungen gelten als rentable Investition: Für ihre Eltern bedeuten sie wirtschaftliche Sicherheit im Alter; und nur sie sind befugt, Trauer- und Bestattungsrituale für die Eltern durchzuführen. Außerdem bringen sie die Mitgift ihrer Frauen mit ins Familienvermögen ein, wenn sie heiraten. Töchter dagegen gelten als unnötige Belastung - nicht nur in Bezug auf Mitgift- und Heiratskosten. Geld für die (Aus-)Bildung eines Mädchens auszugeben, wird als reine Verschwendung angesehen: Eine Tochter verlässt nach der Heirat schließlich das Haus ihrer Eltern und zieht zur Familie ihres Mannes. Von ihrer (Aus-)Bildung würde also später eher die Schwiegerfamilie profitieren, nicht die Herkunftsfamilie des Mädchens.

2. Armut

Viele Mädchen werden sehr früh aus der Schule genommen, damit sie bei der Hausarbeit helfen oder sich einen Job suchen. Sie sollen schnell ihren eigenen Lebensunterhalt verdienen und zum Familieneinkommen beitragen (der Großteil der Kinderarbeiter sind deshalb auch Mädchen). Traditionell steht in vielen Ländern das Leben einer Frau ausschließlich im Dienst der Familie. Geht es also um Aufgaben wie die Betreuung jüngerer Geschwister oder die Pflege kranker oder älterer Verwandter geht, fallen diese ganz automatisch den Mädchen zu. Viele Mädchen erhalten auch einfach deshalb keine (Aus-)Bildung, weil die Schulen für ihre Eltern zu weit weg oder zu teuer sind. Und sobald eine Familie in Sachen Bildung Prioritäten setzen muss (weil sie sich die dadurch entstehenden Kosten nicht für alle ihre Kinder leisten könnte), sorgen kulturelle Normen ohnehin immer dafür, dass Jungs die Nase hier vorne haben. Mädchen sind nun mal für andere Tätigkeiten verplant. Oft gehen Mädchen - wenn überhaupt - von Anfang an nur unregelmäßig zur Schule. Und auch das immer nur so lange, wie sie zu Hause als Arbeitskraft (noch) entbehrlich sind. Früher oder später brechen die meisten von ihnen die Schule dann doch vorzeitig ab.

3. Frühe Heirat

In vielen Regionen des Globalen Südens werden Mädchen auch heute noch schon in sehr jungen Jahren verheiratet. Obwohl Kinderehen in den meisten Ländern mittlerweile offiziell verboten sind, werden trotzdem jedes Jahr noch 15 Millionen Mädchen vor ihrem 18. Lebensjahr verheiratet. In vielen Kulturen sind bezahlte Beschäftigungen für Frauen kaum oder gar nicht vorgesehen. Daher betrachten Eltern eine frühe Heirat als einzige Möglichkeit, den Lebensunterhalt ihrer Töchter zu sichern. In Äthiopien und anderen Ländern Westafrikas werden viele Mädchen deshalb oft schon im Alter von 7 oder 8 Jahren verheiratet. Kinderheirat bedeutet aber in der Regel auch automatisch das Ende der formalen Ausbildung eines Mädchens. Denn ab sofort wird von ihr ja erwartet, dass sie sich als Ehefrau um Haus, Kinder und Großfamilie kümmert.

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(Datenquellen: UNICEF, UNESCO-Institut für Statistik)